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Christen heute, April 2018 

Leserbrief

Zum Editorial "Gender-Wahn! Gender-Wahn?" von Gerhard Ruisch über die Frage nach der geschlechtergerechten Sprache in "Christen heute", Christen heute 3/2018 Seite 15 

 

Ja, die deutsche Sprache diskriminiert Frauen. Denken wir nur daran, dass in aller Regel die männliche Form die primäre ist („Lehrer“), die weibliche Form die abgeleitete („Lehrerin“). Das ist ungerecht. Unsere Sprache spiegelt die patriarchalischen Verhältnisse, in denen sie entstanden ist. So lange wir das hinnehmen, trägt sie dazu bei, dass diese Verhältnisse fortdauern. Wir haben allen Grund, dagegen aufzubegehren – einerseits.

Nun haben wir Menschen aber andererseits auch so etwas wie Sprachgefühl. Und das ist meist äußerst konservativ. Daher müssen auch gut gemeinte Eingriffe in die Sprache mit heftigem Widerstand rechnen. Was auch sein Gutes hat. Denn wäre es nicht so, hätten wir den sprachlichen Draht zu unseren Vorfahren längst verloren. Ein Gedicht von Goethe oder von Droste-Hülshoff würde uns heute nichts mehr sagen.  

In der Sprache der Religion kommt hinzu: Gebete, die ein Leben lang täglich im selben Wortlaut gesprochen werden, graben sich so tief in das Gehirn ein, dass sie uns noch im Zustand tiefster Demenz erreichen. Diese segensreiche Wirkung von Sprache geben wir preis, wenn wir unsere Gebete ständig umformulieren, weil uns alle paar Jahre etwas Neues einfällt, warum die alten Worte inzwischen ungerecht geworden sein sollen.

Was also: Sollen wir unsere Sprache konsequent unserem Wertewandel anpassen? Oder sollen wir unserem Sprachgefühl folgen, selbst wenn es sich gegen eigentlich berechtigte und wohlbegründete Änderungen sträubt?

Diese Diskussion wird nicht zur Ruhe kommen, und „Christen [sic!] heute“ wird keine dauerhafte Lösung finden. Was ich mir wünsche: Dass beide Seiten Verständnis füreinander aufbringen. Dass nicht die eine Seite die andere als lächerlich oder als verstockt abtut. Denn dass es für die Spannungen in der und um die Sprache keine Lösung geben kann: Dafür kann keine Seite etwas.

Gregor Bauer